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Stadt Offenbach

„1927–1929: Brücken aus dem Gestern“: Capitol Symphonie Orchester veröffentlicht CD mit Orchesterwerken jüdischer Komponisten

26.07.2024

Vier Orchesterwerke jüdischer Musiker aus den Jahren 1927 bis 1929 vereinigt die von der Stadt Offenbach und dem Capitol Symphonie Orchester veröffentlichte CD „Brücken aus dem Gestern“. Unter der Leitung von Roland Böer sind digitale Ersteinspielungen beeindruckender und teils hoch individueller Musik entstanden – ein Erinnerungsbuch aus Klängen. Geschrieben sind die Werke fast ausschließlich von Komponisten, deren Musik durch die ideologische Verblendung und den tödlichen Rassismus der Nationalsozialisten binnen kürzester Zeit radikal aus den Konzerthäusern und vom Tonträgermarkt verbannt wurden: So sind das nachdenkliche Bekenntniswerk des Konservatoriumsdirektors Bernhard Sekles, der faszinierende musikalische Kosmos der hebräisch beeinflussten Musik des großen Pianisten Juliusz Wolfsohn (eingespielt mit der international gefragten Pianistin Cora Irsen), die leuchtende Farbigkeit der Tondichtung des böhmischen Opernkomponisten Jaromir Weinberger und reizvolle Miniaturen aus der Stummfilmpraxis von Werner Richard Heymann auf der CD vertreten. 

Entstanden sind die Aufnahmen Ende 2021 bei einem Konzert der Capitol Classic Lounge zur Feier von „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“ mit umfangreicher Förderung insbesondere des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat im Rahmen der Initiative „2021 -1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“, der Dr. Marschner-Stiftung und des Kulturfonds FrankfurtRheinMain.

Für das Konzert und die CD-Produktion hat das Orchester den Blick exemplarisch auf die ereignisreichen späten 1920er Jahre gelenkt. Jeder der vier vertretenen jüdischen Komponisten besaß zeitweise einen „großen Namen“; aber nur von Werner Richard Heymanns „zweitem Leben“ als brillantem Schlagerkomponisten sind heute noch Melodien in der Allgemeinheit präsent. Bernhard Sekles aus Frankfurt war einer der wichtigsten Motoren der Frankfurter Musikszene seiner Zeit – 1928 richtete er als Konservatoriumsdirektor die erste deutsche Jazz-Klasse überhaupt ein. In „Der Dybuk“ nimmt er eine alte jüdische Legende als Rahmen, um die Spannung zwischen seiner eigenen spätestromantischen Musikerseele und der durch seine Schüler wie Paul Hindemith oder Theodor W. Adorno vorangetriebenen Moderne auszudrücken. 

Juliusz Wolfsohn, renommierter Star-Pianist im Wien des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts, gilt als der erste Komponist, der jüdische Melodien als Grundlage für ein Klavierkonzert mit Orchesterbegleitung verwendet hat. Mit seiner „Hebräischen Suite im Koffer“, deren Klavier-Soloversion noch die renommierte Universal Edition herausgebracht hatte, ging er in die Emigration. Die Noten hat das Orchester aus der National Library of Israel bekommen. Von Werner Richard Heymann hat das Capitol Symphonie Orchester 2019 bereits das sinfonische Werk auf CD aufgenommen. Nun wird es ergänzt um atmosphärenstarke Stummfilmmusiken, die sich in der Österreichischen Nationalbibliothek gefunden haben und bei denen Marco Jovic die Versionen für großes Orchester rekonstruiert hat. Jaromir Weinbergers Oper „Schwanda, der Dudelsackpfeifer“ wurde in den ersten zehn Jahren ihres Bestehens über zweitausendmal aufgeführt, vom kleinsten Stadttheater bis zur New Yorker MET. Wenige Jahre danach schrieb er die sinfonische Dichtung „Weihnachten“. Bis zum deutschen Einmarsch in Tschechien leitete das Stück unter anderem jährlich die Weihnachtsansprache des Präsidenten ein – und wurde in Amerika ein wichtiges Identifikationswerk für Exil-Böhmen. 

Herausragende Musik herausragend zum Klingen gebracht

So versammelt die CD einen spannenden Ausschnitt jüdischen Schaffens in der Musik der späten 1920er Jahre – und gleichzeitig herausragende Künstlerinnen und Künstler, die diese Musik zum Klingen bringen. Leidenschaft und ein ehrliches Spiel zeichnen die international gefragte Pianistin und ECHO-Preisträgerin Cora Irsen aus. Cora Irsen war Preisträgerin des Internationalen Franz Liszt-Wettbewerbs Weimar und des Internationalen Chopin-Wettbewerbs Göttingen. Ihre Konzerte führen sie als Solistin und Kammermusikpartnerin nach Belgien, Italien, Portugal, in die Schweiz und die Niederlande, nach Polen, Japan, Malaysia und Australien. 

Der in Offenbach lebende Roland Böer ist international als Opern- und Konzertdirigent tätig; seit der Spielzeit 2023/2024 ist er Generalmusikdirektor am Staatstheater Nürnberg und Chefdirigent der Staatsphilharmonie Nürnberg. Als Konzertdirigent leitete Roland Böer unter anderem die Filarmonica della Scala, das London Symphony Orchestra, das Oslo Philharmonic Orchestra, das hr-Sinfonieorchester und das Rundfunkorchester des Bayerischen Rundfunks. 

Das Capitol Symphonie Orchester basiert auf über 20-jähriger professioneller Orchesterarbeit in einer enormen stilistischen Breite – von Projekten mit Künstlern wie Peter Gabriel, Giora Feidman oder Gregory Porter bis zu mittlerweile über 100 eigenen klassischen Sinfoniekonzertproduktionen. In Zusammenarbeit mit der Europäischen Filmphilharmonie und ARTE entstanden unter anderem Uraufführung und Veröffentlichung von Ludger Vollmers Musik zum 1925 gedrehten “Lost World“. Das Orchester ist musikalischer Hausherr der Capitol Classic Lounge im Capitol Theater Offenbach am Main. 

Die CD „Brücken aus dem Gestern“ ist über Rondeau Production erschienen und für 16,95 Euro im Handel und online erhältlich. Die Aufnahme wurde unter anderem gefördert durch das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat im Rahmen der Initiative 2021 – 1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland, der Dr. Marschner Stiftung, des Kulturfonds FrankfurtRheinMain, der Freunde des Capitol Theaters Offenbach e.V., der Kulturstiftung der Sparkasse Offenbach am Main und des Freimaurerischen Wohltätigkeitsvereins „Carl und Charlotte zur Treue“.

Presseanfragen und Rezensionsexemplare

Linda Knauer
Referentin für Kommunikation
Amt für Kulturmanagement der Stadt Offenbach
linda.knaueroffenbachde 

Bildinformation:
CD-Cover 1927–1929: Brücken aus dem Gestern Orchesterwerke jüdis (rondeau.de), Bildrechte: Stadtarchiv Offenbach
Cora Irsen, Foto: Guido Werner 
Roland Böer, Foto: Barbara Aumüller 

 

 

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