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Stadt Offenbach

Magistrat beschließt Haushaltsplan 2022 mit weiteren Einsparungen

08.10.2021

Die Haushaltsplanung der Stadt Offenbach am Main für 2022 steht. Der Magistrat hat dem von Stadtkämmerer Martin Wilhelm und der Kämmerei vorgelegten Entwurf zugestimmt und wird diesen nun in die November-Sitzung der Stadtverordnetenversammlung einbringen. Die mittelfristige Planung sieht angesichts der drastisch sinkenden Schlüsselzuweisungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich (KFA) des Landes Hessen weitere Einsparungen und Einschnitte vor. Sofern es keine unerwarteten und ungünstigen Entwicklungen mehr gibt, kann auf eine Rücknahme der Grundsteuerabsenkung, die im vergangenen Jahr beschlossen wurde, vorerst verzichtet werden, betonte Wilhelm: „Wir haben in den vergangenen Wochen hart daran gearbeitet, überall nochmals Einsparungen vorzunehmen, wo es irgendwie geht. Das war nicht leicht, denn Offenbacher Haushalte sind angesichts der seit vielen Jahren angespannten finanziellen Situation der Stadt nicht dafür bekannt, viel Puffer zu enthalten.“

Stadtkämmerer Wilhelm erinnerte daran, dass der weitaus größte Anteil der städtischen Ausgaben gesetzlichen Vorgaben geschuldet ist. Zu diesen sogenannten Pflichtausgaben zählen insbesondere die Aufwendungen für Kinder, Jugend und Soziales. Aber auch die Umweltgesetzgebung, die Vorgaben zur Luftreinhaltung oder der Hochwasserschutz – um nur einige Beispiele zu nennen – erfordern Ausgaben, die von der Stadt nicht gestrichen oder verschoben werden können. „Der Spielraum für Einsparungen war gering. Weil aber Verwaltung und Politik an einem Strang gezogen haben, können wir trotz der historisch niedrigen Zuweisungen aus dem KFA ohne Steuererhöhungen einen genehmigungsfähigen Haushalt in die Stadtverordnetenversammlung einbringen.“

Mit der Kommunalen Finanzaufsicht beim Regierungspräsidium Darmstadt hat der Kämmerer frühzeitig Gespräche über die wesentlichen Eckdaten geführt, die für die Aufstellung eines genehmigungsfähigen Haushaltes zu berücksichtigen sind. „Wir haben alle aktuell bekannten Risiken, Entwicklungen und Prognosen, die sich positiv oder negativ auswirken, in der Planung abgebildet. Wenn sich die Rahmenbedingungen für Offenbach wie erwartet einigermaßen günstig entwickeln, können wir auf eine Rücknahme der Grundsteuerabsenkung vom vergangenen Jahr verzichten. Sollte aber die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie hinter den Erwartungen zurückbleiben oder die Umlage an den Landeswohlfahrtsverband weiter steigen, dann wird es auch noch kurzfristig neue schmerzhafte Entscheidungen geben müssen.“

Wilhelm betonte, dass in den zurückliegenden Wochen noch einmal alle Haushaltsansätze geprüft wurden und die Ämter neue Vorgaben zum Einsparen erhalten haben. „Wir haben alle Projekte und Vorhaben auf ihre zeitlichen Auswirkungen auf den Haushalt geprüft. Die gesamte Verwaltung hat in den letzten Wochen hart daran gearbeitet, trotz wegbrechender Einnahmen einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen, der keine Steuererhöhungen beinhaltet. Wir haben unsere Aufgaben trotz widrigster Umstände gemacht. Dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten bedanken.“ Aufgrund der wegbrechenden Schlüsselzuweisungen ist der Haushalt aber äußerst knapp kalkuliert. „Es gibt keine Puffer mehr für Unvorhergesehenes. Nur wenn jetzt alle an der strengen Haushaltsdisziplin unverändert festhalten und es keine bösen Überraschungen mehr gibt, können die Stadtverordneten einen genehmigungsfähigen Haushalt beschließen, der ohne neue Belastungen für die Bürger auskommt. Das hängt jetzt aber wesentlich von externen Faktoren ab, wie die November-Steuerschätzung, erhöhte Umlagen an den Landeswohlfahrtsverband oder nicht beeinflussbare Kostensteigerungen“, so Wilhelm. „Eine Verbesserung der finanziellen Situation sehe ich frühestens ab übernächstem Jahr, sofern sich alle Parameter günstig entwickeln.“

Einsparungen in der Verwaltung und SOH-Beteiligung am Ergebnis

Die größten Einsparungen vollziehen sich innerhalb der Verwaltung. Für Büroflächen wurde ein Anmietungsstopp verhängt. Die Verwaltung war nach einem jahrzehntelangen sehr restriktiven Personalkurs in den vergangenen fünf Jahren auch aufgrund zusätzlicher Aufgaben und der Bevölkerungsentwicklung gewachsen. Die Stadt hatte daraufhin unter anderem Flächen im Haus der Wirtschaft angemietet, um ausreichend Arbeitsplätze, beispielsweise für das Jugendamt und die Kita-Verwaltung, einrichten zu können. Nach der Corona-Pandemie geht der Magistrat jedoch davon aus, dass viele Mitarbeitende der Verwaltung auch langfristig deutlich häufiger das Home Office nutzen werden – der Bedarf an Arbeitsplätzen vor Ort sinkt dadurch.

Um die jährlich steigenden Personalkosten abzubremsen, sind im Stellenplan 2022 nur noch 6,25 neue Stellen vorgesehen, die aufgrund von gesetzlichen Vorgaben zwingend notwendig sind. Weitere 37,5 neue Stellen sind komplett refinanziert und belasten den städtischen Haushalt nicht (beispielsweise für eine IT-Hotline an Schulen, die vom Land finanziert wird).   Alle weiteren angemeldeten Stellen, die nicht zwingend notwendig waren, wurden aus der Planung gestrichen. Dies allein führt zu Einsparungen von rund 600.000 Euro im Jahr 2022 und 1,2 Millionen Euro im Jahr 2023. Weitere mittelfristige Einsparungen in Höhe von 11,7 Millionen Euro bis 2025 ergeben sich in der laufenden Verwaltung durch Kürzung von Haushaltsansätzen in den Ämtern. Zusätzlich sollen die Stadtwerke Offenbach ab 2024 jährlich einen Betrag von 1,5 Millionen Euro an den Haushalt ausschütten. Neue Ideen und Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag werden bis auf Weiteres nicht umgesetzt.

Schulbausanierungsprogramm wird fortgesetzt

Auch die Sanierungspauschalen für kleinere Instandhaltungsmaßnahmen an Schulen und Kitas sowie Straßen wurden bis 2025 um insgesamt rund 10 Millionen Euro auf 6 Millionen Euro gekürzt: „Die bisher geplanten Instandhaltungsmaßnahmen können aber weiterhin umgesetzt werden, da hierfür auch noch Mittel aus den Vorjahren übriggeblieben sind.“ Geplant sind unter anderem Toilettensanierungen an der Leibniz- und Humboldtschule, Fenstersanierungen an der Humboldt-, Goethe- und Anne-Frank-Schule sowie umfangreiche Sanierungsmaßnahmen an der Friedrich-Ebert- Schule . Weiterhin sollen Nachhallmaßnahmen an städtischen Kitas umgesetzt und zusätzliche Rettungswege in einzelnen Einrichtungen geschaffen werden. „All diese Maßnahmen können trotz der Kürzung der Budgets umgesetzt werden.“ Von den Kürzungen nicht betroffen ist das Schulbausanierungsprogramm, so Wilhelm: „Alle Schulneubauten sowie die Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen an den Schulen und Kitas können wie geplant umgesetzt werden. Hier gelten alle getroffenen Zusagen weiter, denn wir können und wollen nicht an Kindern und Jugendlichen sparen.“ Auch für die einfache Sanierung von Straßen steht weiterhin Geld zur Verfügung. Diese Maßnahmen aus städtischen Mitteln erfolgen nach einer Prioritätsliste, die der ESO im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Verkehrssicherheit jährlich aktualisiert. Vorerst gestrichen wird jedoch die grundhafte Sanierung zweier Straßen in den Jahren 2023 und 2024.

Unveränderte Zuschüsse an Vereine und Einrichtungen

Keine Abstriche müssen die Vereine und gemeinnützigen Einrichtungen in Offenbach machen, die von der Stadt gefördert werden. Zusätzlich zu den Zuschüssen für den Eigenbetrieb Kindertagesstätten (EKO), den Öffentlichen Nahverkehr und den EOSC für den Betrieb des Waldschwimmbads erbringt die Stadt hierfür insgesamt 4,4 Millionen Euro an freiwilligen Leistungen. Stadtkämmerer Wilhelm: „Das Einsparvolumen ist hier im Vergleich zu den anderen Defiziten überschaubar. Würden wir hier dennoch den Rotstift ansetzen, hätte das gravierende Auswirkungen in unserer Stadt. Viele soziale Angebote wären dann in ihrer Grundstruktur existenziell gefährdet. Deshalb bleibt es unverändert bei den Zuschüssen und Zuwendungen für die Vereine und Einrichtungen, die sich in Kultur, Sport, Bildung oder im sozialen Bereich engagieren. Sie sind für das Funktionieren unseres Gemeinwesens unverzichtbar“, so Wilhelm.

21,4 Millionen Euro Fehlbedarf im Haushalt 2022

Im Ergebnishaushalt plant die Kämmerei mit Erträgen von rund 543,1 Millionen Euro und Aufwendungen von rund 564,5 Millionen Euro. Der Fehlbedarf beträgt 21,4 Millionen Euro. Im Finanzhaushalt steht unter dem Strich ein Zahlungsmittelbedarf von rund 20,5 Millionen Euro. Auf Grundlage der Steuerprognosen des Landes Hessen rechnet die Kämmerei für das kommende Jahr konservativ mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 77 Millionen Euro (plus 7 Millionen Euro im Vergleich zur Planung 2021 und weniger als die aktuelle Prognose von rund 80 Millionen Euro). Die Einkommenssteuer steigt den Steuerschätzungen des Landes zufolge von 57 Millionen Euro auf 60 Millionen Euro. Die Schlüsselzuweisungen aus dem KFA belaufen sich auf 190 Millionen Euro (minus 15,5 Millionen Euro). Für Zuschüsse zu den Betriebskosten der Kindertagesstätten verzeichnet der Ansatz insgesamt 57 Millionen Euro (+2,5 Millionen Euro). Die Beteiligung der Stadt an den Kosten der Unterkunft von Leistungsempfängern beträgt 51,3 Millionen Euro (-2,7 Millionen Euro) und für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung 28,5 Millionen Euro (+2,8 Millionen Euro). Die mittelfristig vom RP geforderte Rückkehr zu einem ausgeglichenen Haushalt ist ab dem Jahr 2024 geplant.

Investitionsschwerpunkt bei Schulen und Kitas

Für Auszahlungen im Investitionsbereich sind 2022 rund 87,1 Millionen Euro festgesetzt. Zu den wichtigsten und größten Maßnahmen, die bereits begonnen wurden oder in den kommenden Jahren umgesetzt werden sollen, zählen wie in der Vergangenheit die Sanierung, Modernisierung und Erweiterung von Kitas und Schulen. Über das Jahr 2022 hinaus sind insgesamt für die Sanierung und Erweiterung der Mathildenschule 26,0 Millionen Euro eingeplant, für die Geschwister-Scholl-Schule 29,5 Millionen Euro und für die Edith-Stein-Schule 37,7 Millionen Euro. Für den Neubau eines Gymnasiums am ehemaligen Güterbahnhof sind 72,0 Millionen Euro vorgesehen, für den Neubau der Grundschule mit Turnhalle und Kita in Bieber-Nord weitere 36,5 Millionen Euro. Die Maßnahmen zur Stadtteilentwicklung im Nordend (HEGISS) belaufen sich auf 31,3 Millionen Euro. Die im kommenden Jahr beginnende Maindeich-Sanierung beläuft sich auf insgesamt rund 19,2 Millionen Euro und das Budget für den laufenden Marktplatz-Umbau ist mit 5,5 Millionen Euro veranschlagt. Weitere Investitionskosten ergeben sich in den kommenden Jahren für das Zukunftskonzept Innenstadt, für das in einem ersten Schritt 1 Millionen Euro angesetzt sind, sowie für Maßnahmen zur Luftreinhaltung und Klimaschutz und Klimaanpassung. Alle Vorhaben werden jedoch teilweise durch hohe Zuschüsse von Land und Bund refinanziert.

KFA-Einbruch offenbart „Ungerechtigkeiten und Defizite“

„Trotz der notwendigen Einsparungen leistet die Stadt dank ihrer kostenbewussten Verwaltung und ihrer effizienten Stadtwerke weiterhin enorm viel für ihre Bürgerinnen und Bürger. Insbesondere die Offenbacher Kinder und Jugendlichen sollen auch in einer vergleichsweise armen Stadt dieselben Chancen haben, eine gute Bildung zu erhalten und in modernen Schulen unterrichtet zu werden“, machte Stadtkämmerer Wilhelm mit Blick auf die Investitionsschwerpunkte deutlich. „Zusätzlich investiert die Stadt auch im kommenden Jahr in viele Maßnahmen, die mit Blick auf Umwelt und Klima die Lebensqualität verbessern.“ Mehr sei angesichts der „Ungerechtigkeiten und Defizite“ des KFA auf absehbare Zeit nicht möglich. „Die Einbrüche bei den Schlüsselzuweisungen des KFA offenbaren die Fehler im System und ich vermisse den Willen auf höheren politischen Ebenen, die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen endlich nachhaltig zu lösen.“

Wilhelm betonte: „Die dramatische Lage Offenbachs ist nicht allein den geringen Einnahmen geschuldet. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, um durch Unternehmensansiedlungen in den kommenden Jahren mehr Gewerbesteuern einzunehmen. Das Problem für den Haushalt liegt maßgeblich darin, dass Bund und Länder unverändert Gesetze beschließen, deren Finanzierung zu großen Teilen an den Kommunen hängen bleibt. Der KFA ist nicht in der Lage, diese Unterfinanzierung zu lösen. Deshalb muss Offenbach einen erheblichen Teil seiner eigentlich erwirtschafteten Überschüsse für diese Ausgaben reservieren und an anderer Stelle immer wieder den Rotstift ansetzen. Dieses Strukturproblem kann nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Kommune, Land und Bund gelöst werden.“ Mit großer Sorge betrachtet Stadtkämmerer Wilhelm auch die Entwicklung bei der kommunalen Umlage für den Landeswohlfahrtsverband: „Die Kosten steigen hier von Jahr zu Jahr – sowohl für die Stadt Offenbach als auch für den Verband. Meine klare Erwartung ist hier, dass die steigenden Belastungen beim Verband nicht, wie bislang zu befürchten ist, noch zusätzlich einseitig auf die Kommunen umgelegt werden, sondern dass das Land Hessen hier neu entstehende finanzielle Lücken schließt.“

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