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Stadt Offenbach

Jörg Schmitz-Roeckerath seit 20 Jahren Sprachheilbeauftragter im Dienste des Stadtgesundheitsamtes

08.10.2015

08. Oktober 2015: Seit 20 Jahren ist Jörg Schmitz-Roeckerath als Sprachheilbeauftragter im Dienste des Offenbacher Stadtgesundheitsamtes im Einsatz. Seit 1995 arbeitet er in freier Praxis, zuvor war er viele Jahre an Sprachheilschulen tätig. Seine Sprechstunden sind nach telefonischer Voranmeldung (069 8065-2086) immer donnerstags von 14 bis 16 Uhr im Stadtgesundheitsamt (Berliner Straße 60, 3. Stock).  

Der Offenbacher Gesundheitsdezernent, Bürgermeister Peter Schneider, dankte Jörg Schmitz-Roeckerath zum Jubiläum für seine engagierte Arbeit mit einem kleinen Präsent. Schneider: „Alle Kinder brauchen optimale Startchancen. Der Sprachheilbeauftragter der Stadt hilft Defizite in der lingualen Entwicklung zu identifizieren. Je früher diese entdeckt werden, desto erfolgversprechender kann die Therapie sein.

Die meisten Kinder, die Schmitz-Roeckerath vorgestellt werden, kommen im Zuge der Einschulungsuntersuchungen ins Stadtgesundheitsamt. Die Schulärztin verweist insbesondere in unklaren Fällen an die Sprachberatung, wenn die Diagnose nicht ganz eindeutig ist. Im vergangenen Jahr war dies in 74 Fällen der Fall, in 20 Fällen gab der Kinderarzt den Rat, das Kind bei der Sprachberatung vorzustellen, in den anderen Fällen waren die Schule, der Kindergarten und die Eltern selbst die Auslöser.

Die Sprachberatung bietet selbst keine Sprachtherapie/Logopädie an. Sie knüpft Kontakte zu den verantwortlichen Stellen wie Sprachheilschule, (Fach)-Ärzten, Frühförderung, logopädischen Praxen oder Kliniken. Vor Aufnahme einer sprachtherapeutischen Maßnahme muss insbesondere das Hörvermögen des Kindes abgeklärt werden.

Schmitz-Roeckerath weist nachdrücklich darauf hin, dass es ratsam ist, möglichst früh bei der Sprachberatung vorzusprechen, da während der Sprachentwicklung wichtige zum Teil auch recht kurze Phasen ungenutzt verstreichen können. Das Ziel der Sprachberatung ist die weitere enge Verzahnung der einzelnen Maßnahmen, wobei immer wieder auf die Trennung zwischen Sprachförderung und gezielten sprachtherapeutischen Maßnahmen geachtet werden muss.

Ein Beispiel aus der Praxis: „Daudummi in der Sule“

Maria ist ein fröhliches Kind mit großen dunklen Augen. Die Vierjährige ist im Kindergarten immer für Spaß zu haben und hält sich ständig dort auf, wo gerade etwas los ist. Die anderen Kinder sind begeistert, wenn Maria wieder mal eine ihrer verrückten Ideen hat. Die Erzieherinnen sind dagegen nicht immer so erfreut, wenn das temperamentvolle Mädchen wieder seine „fünf Minuten“ hat – alle Mühe, die übersprudelnde Energie in geordnete Bahnen zu lenken.

Insbesondere ist ihnen schon seit einiger Zeit aufgefallen, dass Maria im morgendlichen Erzählkreis genauso temperamentvoll erzählt, wenn sie tags zuvor etwas Spannendes erlebt hat. Dann wird es oft sehr schwierig herauszufinden, was Maria meint: Wörter fliegen bruchstückhaft wild durcheinander; Sätze werden angefangen, aber nicht beendet, da gerade während der Formulierung neue tolle Gedanken auftauchen, die sofort wieder herausgesprudelt werden müssen. Hinzu kommt, dass Maria viele Laute noch nicht richtig aussprechen kann: statt Schule sagt sie „Sule“, statt Kaugummi sagt sie „Daudummi“, statt Karussell „Dassell“.

Den anderen Kindern in der Gruppe ist das relativ egal. Wenn sie mal nicht verstanden haben, was Maria will, fragen sie nach oder erraten aus der lebhaften Mimik und Gestik des Kindes, was sie jetzt wieder für tolle Ideen hat. Die Erzieherinnen zeigen in dieser Hinsicht nicht so viel Fantasie und sprechen die Mutter an, die ihrerseits den Kinderarzt um Rat fragt. Dieser untersucht Maria, die er schon von den Vorsorgeuntersuchungen kennt, und tippt zunächst auf eine Phase der Sprachentwicklung, die auch bald wieder überstanden ist. Als die Mutter jedoch berichtet, dass diese Sprachfehler schon länger auftreten und sie jetzt auch von Freunden darauf angesprochen wurde, rät der Arzt der Mutter, mit ihrem Kind bei der Sprachberatung des Stadtgesundheitsamtes Offenbach vorzusprechen. Er gibt ihr die Telefonnummer, bei der sie anruft und sich einen Termin geben lässt.

Die Mutter fragt genau nach und erfährt, dass sie für die Untersuchung keine Überweisung braucht und diese tatsächlich kostenlos ist. Der Sprachheilpädagoge Jörg Schmitz-Roeckerath untersucht zunächst Wortschatz und Artikulation des Kindes. Dann analysiert er anhand einer Bildergeschichte, die Maria in die richtige Reihenfolge legen und danach beschreiben muss, inwieweit das Kind Sinnzusammenhänge erfassen und beschreiben kann. Das Sprachverständnis wird ebenso überprüft wie das Erkennen kleiner Mengen, Farben und Formwahrnehmung.

Der nächste Block umfasst die Beherrschung der Grammatik, die Wortstellung im Satz und die eventuelle Beherrschung von Oberbegriffen. Danach wird die auditive Wahrnehmung überprüft: die Speicherfähigkeit und die Lautunterscheidung ähnlich klingender Laute im Wort. Im Anschluss erfolgt ein ausführliches Elterngespräch, in dem die Eltern Tipps erhalten, wie sie im häuslichen Bereich die Sprachentwicklung des Kindes fördern können. In schwierigeren Fällen wird die Kontaktaufnahme zu einer Logopädin oder einer Sprachtherapeutin empfohlen. In letzterem Fall wird mit Einverständnis der Eltern ein Bericht an den zuständigen Kinderarzt, Hausarzt oder Hals-Nasen-Ohrenarzt geschickt, da dieser die Sprachtherapie verordnen muss.

Von alldem weiß Maria nichts. Sie fände das auch ziemlich uninteressant. Aufgrund eines glücklichen Zufalls findet sie nun doch relativ schnell einen Therapieplatz bei einer Logopädin, bei der sie sich sehr wohl fühlt. Sie fiebert die ganze Woche auf diesen Termin hin, an dem sie, wie sie sagt „immer so toll spielen“ kann. Dabei merkt sie gar nicht, dass sie ganz spielerisch das K und das Sch gelernt hat.

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