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Stadt Offenbach

Zehn Jahre Erziehungs- und Bildungsbericht Offenbach / Stadt stellt EBO 2015 vor

04.03.2016

Offenbach am Main, 04.03.16 – Kommunale Bildungsberichterstattung soll Bildungsergebnisse darstellen, Entwicklungen kenntlich machen, Interpretationshilfen geben und Diskussionen vor Ort anstoßen. Der Erziehungs- und Bildungsbericht Offenbach (EBO) ist das Berichtsformat der Stadt Offenbach, das sich dieser Herausforderung stellt - seit mittlerweile zehn Jahren. Der EBO 2015, der das Berichtsjahr 2014 umfasst, ist der neunte Bericht in dieser Folge. Abrufbar ist er unter www.offenbach.de/bildung unter der Rubrik „Bildungsdaten und –berichte“.

„Der EBO bietet zahlreiche Zeitreihen zu Bildungsbereichen und scheut auch den interkommunalen Vergleich nicht. Damit nehmen wir das zehnjährige Jubiläum zum Anlass für eine Standortbestimmung, die uns Herausforderungen und Entwicklungsbedarfe aufzeigt“, sagt Bürgermeister und Bildungsdezernent Peter Schneider.

Eine der Herausforderungen wird zu Beginn im Kapitel „Rahmenbedingungen“ sichtbar: 81 Prozent der Kinder unter drei Jahren haben im Berichtsjahr einen Migrationshintergrund. Auch wenn dieses Merkmal allein zu unscharf ist, um Aussagen über eine mögliche Bildungsbenachteiligung machen zu können, steigt gemäß der Bildungsforschung besonders in Kombination mit einer Armutsgefährdung die Wahrscheinlichkeit einer Bildungsbenachteiligung.

Die Stadt Offenbach war bundesweit eine der ersten Kommunen, die einen Bericht über die Bildung vor Ort vorlegte. Heute sind kommunale Bildungsberichte keine Seltenheit mehr. Bildungsberichterstattung ist in vielen Städten und Kreisen ein „kommunaler Standard“ geworden.

2004 war das noch anders. Der „PISA-Schock“ lag lediglich drei Jahre zurück. Weitblick bewies der Magistrat 2004 mit seinem Beschluss zur Bildungsberichterstattung in Offenbach und einer durchaus anspruchsvollen Zielformulierung. So sollte ein Bericht vorgelegt werden, der u.a. die wichtigsten erziehungs- und bildungsbiografischen Daten im Alter bis 16 Jahre erfasst, steuerungsrelevante Indikatoren generiert und eine Standortbestimmung vornimmt.

Mit dieser Zielbeschreibung im Gepäck legt die damalige „Redaktions- und Projektgruppe“ unter der Moderation von Dr. Herbert Schnell, Leitender Ministerialrat a.D. im Hessischen Kultusministerium und Dr. Peter Döbrich, Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, im Jahr 2005 den ersten „EBO 2004“ vor (das Berichtsjahr stand bis zum EBO 2009 noch im Titel). Die Moderatoren hatten das EBO-Projekt in der Stadt Offenbach auch mit angestoßen.

In den Folgejahren entwickelte sich der EBO Schritt für Schritt weiter, Stadtbibliothek und VHS für den Weiterbildungsbereich und eine Darstellung der beruflichen Schulen ergänzten das Format. Damit wurde mit dem EBO die gesamte Bildung im Lebenslauf in den Blick genommen.

Die Jugendhilfeplanung entwickelte den „Index bildungsrelevanter sozialer Belastung“, der seitdem viel Zustimmung erfahren hat und eine neue Qualität in der Analyse hervorbrachte. Mit dem EBO 2009 fand er Eingang in die kommunale Berichterstattung. Nach dem Motto „Ungleiches ungleich behandeln“ erfolgt auf der Basis dieses Sozialindexes kommunale Kita-Entwicklungsplanung wie auch die Verteilung kommunaler Mittel an Grundschulen.

Dieser „Offenbacher Index“ ist nicht identisch mit dem Sozialstrukturindex des Landes Hessen, der seit 2013 bei der Verteilung von Lehrerstellen zur Anwendung kommt. Wie jüngst ein Gutachten des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration zeigte, ist Hessen eines von neun Bundesländern, das sozialstrukturelle Daten einer Kommune zur Verteilung von Lehrerstellen nutzt.

Allerdings ist dieser Verteilungsschlüssel nur auf ein kleines Kontingent von knapp 1 Prozent aller Lehrkräfte beschränkt. Bürgermeister Schneider: „Hier gibt es Entwicklungsbedarf. Für die Ausweitung einer, an Sozialstrukturdaten orientierten Lehrerzuweisung liefert der EBO sehr stichhaltige Argumente. Denn gerade die Stadt Offenbach benötigt für eine gelingende Integration von neu zugewanderten Bürgerinnen und Bürgern Unterstützung.“

Diese bildungspolitischen Herausforderungen, die sich in der Stadt aufgrund der Zuwanderung stellen, leuchten an verschiedenen Stellen im Bericht auf:

Beispiel frühkindliche Bildung: Der Anteil der verspäteten Einschulungen ist in den letzten Jahren gestiegen und liegt im Berichtsjahr bei 14,4 Prozent (5 Prozentpunkte höher als im Hessenschnitt).

Beispiel schulische Bildung: An weiterführenden Schulen hat sich die Anzahl der Intensivklassen, das sind Förderklassen für zugewanderte Schüler/-innen, die zuvor nicht im deutschen Schulsystem unterrichtet wurden, im Vergleich zu 2012 nahezu verdoppelt.

Beispiel Weiterbildung: Im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ der VHS sind die Belegungen in den letzten zehn Jahren um 153 Prozent gestiegen und haben sich damit mehr als verdoppelt.

Der EBO hat schon früh Diskussionen angestoßen und den Blick auf Problembereiche gelenkt. Erinnert sei an die Abgänger/-innen ohne Hauptschulabschluss. Im aktuellen Berichtsjahr gehen 96 Schüler/-innen ohne einen Hauptschulabschluss ab (davon 33 mit förderschulspezifischem Abschluss). Das entspricht einer Quote von 8,7 Prozent (bezogen auf die durchschnittlichen Altersjahrgänge der 15-17-Jährigen in Offenbach). Diese Quote ist im Vergleich zu 2011/12 um 2 Prozentpunkte gesunken.

Im interkommunalen Vergleich zeigt sich, dass in den kreisfreien Städten jeweils die Abgangsquoten „ohne“ und „mit Hauptschulabschluss“ sinken. Allerdings liegt der Anteil der 15- bis 17-Jährigen, die die Schule mit einem Hauptschulabschluss verlassen, in Offenbach mit 25,9 Prozent weit (bis zu 12 Prozentpunkte) über den Quoten der anderen kreisfreien Städte.

Mit dem EBO 2015 rücken erstmals auch die Mädchen mit Migrationshintergrund in den Fokus. Mit interessanten Ergebnissen: Betrachtet man z.B. den Übergang Grundschule/Gymnasium, so fällt auf, dass die Übergangsquote bei Mädchen mit Migrationshintergrund 15 Prozentpunkte niedriger liegt als die der Mädchen ohne Migrationshintergrund. Sie liegt auch knapp unter der Übergangsquote der Jungen mit Migrationshintergrund. Der Bericht macht aber deutlich, dass die Mädchen mit Migrationshintergrund, die auf das Gymnasium wechseln, häufiger das Abitur erreichen, als die Jungen mit Migrationshintergrund.

Bei Analyse der Absolventen ohne Hauptschulabschluss fällt ebenfalls die Gruppe der Mädchen mit Migrationshintergrund als Risikogruppe ins Auge: Ihr Anteil an den Absolventen ohne Abschluss liegt im Berichtsjahr sogar knapp über dem Anteil der Jungen mit Migrationshintergrund.

Von Beginn an ist der EBO ein Gemeinschaftswerk. Das Amt für Arbeitsförderung, Statistik und Integration, Jugendamt, Stadtbibliothek, Stadtschulamt und Volkhochschule stimmten sich anfangs in einer „Redaktions- und Projektgruppe“, ab 2010 in einer „Fachgruppe Bildungsmonitoring“ ab. Nach Abschluss des kommunalen Bildungsprojektes „Lernen vor Ort“, das das heutige Berichtsformat in den Jahren 2009-2014 maßgeblich mitentwickelt hat, zeichnet die an der Volkshochschule angesiedelte Fachstelle „Bildungskoordinierung und Beratung“ für die Berichterstattung federführend verantwortlich.

Anfänglich jährlich fortgeschrieben, erscheint der EBO seit einigen Jahren im zweijährigen Turnus im Wechsel mit einem Tabellenband, dem Datenbericht Bildung. „Der Prozess der Weiterentwicklung hört aber nie auf. Die Datengewinnung und das Erschließen neuer Themenbereiche bleiben eine kontinuierliche Entwicklungsaufgabe“, so Kai Seibel, Leiter der Fachstelle Bildungskoordinierung und Beratung.

 

 

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