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Stadt Offenbach

Ein doppeltes Vermächtnis: Die Publikation „Hessischer Landbote und Offenbach – Miszellen III“ erinnert an Büchners Hessischen Landboten und Wissenschaftlerin Dorothea Held

16.01.2019

Offenbach am Main, 16. Januar 2019 – „Sie müssen das Blatt sorgfältig außerhalb ihres Hauses vor der Polizei verwahren“ (…) „Sie dürfen es nur an treue Freunde mittheilen“: Der Besitz des Hessische Landboten war gefährlich, das war auch den beiden Verfassern Georg Büchner und Friedrich Ludwig Weidig bewusst. Geschrieben  in der Zeit des Vormärz, in einer Botanisiertrommel von Gießen über Butzbach nach Offenbach geschmuggelt und dort illegal gedruckt, sollte die Flugschrift 1834 „die materiellen Interessen des Volkes mit denen der Revolution“ vereinigen. Rund 1.200 Exemplare des „Hessischen Landboten“ wurden seinerzeit in der Druckerei Preller gedruckt, erhalten geblieben ist kaum eine Handvoll. „Friede den Hütten! Krieg des Palästen!“, Büchners Streitschrift, für deren Verbreitung Offenbach eine zentrale Rolle spielte, gilt als Wegbereiter der deutschen Revolution von 1848. Daran erinnerte 2013 die gleichnamige Ausstellung anlässlich des 200. Geburtstags des Autors Georg Büchner im Haus der Stadtgeschichte, konzipiert hatte diese die 2014 im Alter von nur 33 Jahren verstorbene wissenschaftliche Mitarbeiterin Dorothea Held.

„Friede den Hütten! Krieg des Palästen!“

Als ein Vermächtnis und wichtigen Beitrag nicht nur für die Offenbacher Stadtgeschichte bezeichnete Stadtverordnetenvorsteher Stephan Färber in Vertretung von Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke die jetzt erschienene Dokumentation. Initiiert wurde diese von Professor Gerd Lautner aus Darmstadt, der mit dem vorliegenden Buch seine Faszination für Büchner um die Facette Offenbach erweitert: „Hessischer Landbote und Offenbach“ vereint die Ausstellungstexte von Dorothea Held mit Beiträgen von Anke Mosch, Vicente Such-Garcia und anderen. Die Veröffentlichung  schließt als „Miszellen III“ an die vorangegangenen Publikationen „Miszellen II – Büchner und Ernst Elias Niebergall“ und „Miszellen I – Die Familie Büchner und ihr Verhältnis zur Religion“ an. Erschienen sind alle drei Bücher im Riedstädter Walter Wolf-Verlag. Wolf wuchs nur „fünfeinhalb bis acht Steinwürfe von Büchners Haus in Goddelau auf“ und ist dem Revolutionär aus Neigung und Geburt verbunden.

Für Haus der Stadtgeschichte-Leiter Dr. Jürgen Eichenauer ein Glücksfall, denn nach dem Tod der Mitarbeiterin verschwand die zu Recht bejubelte Ausstellung wieder in den Asservaten. „Jetzt haben wir eine Dokumentation, die die Ereignisse des Vormärz einordnet und die Rolle des aufstrebenden Industriestandorts Offenbach für die Revolution klar macht. Denn hier wehte ein liberaler Geist, während es im benachbarten Frankfurt eine rigide Führung und eine strenge Zunftordnung gab“. Hier traf Büchner auf den Druckereibesitzer Carl Preller, der bereits Texte von Weidig und anderen Autoren der Oppositionsbewegung der Vormärzzeit publiziert hatte. Nachdem die Revolutionäre durch einen Spitzel verraten worden war, floh Büchner nach Straßburg und Preller in die Schweiz. Weidig beging im Gefängnis Selbstmord. Damit endete im Frühjahr 1835 die Oppositionswelle gegen das deutsche Restaurationssystem. „Der Hessische Landbote“ gilt daher als eine der bedeutendsten deutschen politischen Flugschriften des 19. Jahrhunderts.

Zu Recht, wie auch der mit einem Beitrag vertretene Historiker Vicente Such-Garcia betont, erinnert daran auch der seit der Weimarer Zeit verliehene Büchner-Preis (seit 1951 für Literatur) an die demokratiefördernde Wirkung des Schriftstellers: „Demokratie musste erkämpft und muss verteidigt werden.“ 

Die Publikation „Hessischer Landbote und Offenbach – Miszellen III“ ist zum Preis von 24,80 Euro erhältlich, ISBN 978-3-9324820-26-5.

 

Bildinformation:

Professor Lautner überreichte dem Haus der Stadtgeschichte eine signierte Illustration von Leo Leonhard des Hessischen Landboten. V.l.n.r.: Stadtverordnetenvorsteher Stephan Färber, Museumsleiter Dr. Jürgen Eichenauer und Professor Gerd Lautner

Gruppenbild:

Stadtverordnetenvorsteher Stephan Färber, Historiker Vicente Such-Garcia (beide mit der Schenkung der Illustration des „Hessischen Landboten“ von Leo Leonhard), Museumsleiter Dr. Jürgen Eichenauer, Professor Gerd Lautner und Verleger Walter Wolf bei der Vorstellung der „Miszellen III“.

 

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